Daniel H.
2/5
Ich war vor ca 5 Jahren dort. Ich habe mich nicht ernstgenommen gefühlt.
Oberarzt Herr Micheel meinte z.B. als er mich von der Psychotherapiestation auf die Suchtstation verlegt hat: „Waren sie bei der Bundeswehr? Nein? Dann stellen sie sich vor sie würden den Wehrdienst nachholen“. Er meinte auch, dass es schwer zu sagen ist warum Frauen weinen und sie bei Dingen weinen die dem Mann nicht so leicht zu erschließen sind. Also er hat eine sexistische Unterscheidung zwischen der Emotionalität von Frauen und Männern vorgenommen. Weiterhin sprach er von verweichlichten Patienten und hat mir gesagt ich solle meine Erfahrungen draußen machen und dass sich hier keiner ernsthaft für meine Probleme interessiert. In gewisser weise hatte er damit Recht.
So war Herr Somburg ebenfalls eher unsensibel und nicht daran interessiert Traumata ernst zunehmen. So war für ihn mein Leid hauptsächlich auf den übermäßigen Konsum von Cannabis zurückzuführen. Er sagte ich hätte damit großen Schaden in meinem Gehirn angerichtet und er hoffe dass ich nun nicht mehr konsumieren würde. Kam mir vor wie eine schlechte Erziehungsmaßnahme. Empfand ich außerdem als anmaßend bis arrogant. Sicherlich hat mir der Konsum nicht gut getan aber für ihn schien es allzu einfach nach dem Motto „die böse Droge Cannabis“. Weiterhin hat er mich fast dazu gedrängt Medikamente einzunehmen, während der Oberarzt davon überzeugt war, dass ich keine Medikamente brauche. Unter anderem meinte Herr Somburg ich solle das auch für die Menschen in meinem Umfeld tun, damit diese nicht so sehr unter meinem Verhalten leiden. Er hat zwar oft vesucht sich verständnisvoll und sensibel zu geben, aber wenn ich nicht einverstanden war habe ich doch sein Bedürfnis nach Autorität gespürt. Er ist dann zB wütend geworden wenn ich die Wirkung und den Nutzen von Medikamenten infrage gestellt habe. Ein mal hat ein Mitpatient eine Tasse Tee mit in eine Gruppensitzung gebracht, worauf Herr Somburg meinte, dass er das nicht möchte weil Getränke in der Gruppensitzung hätten ja so eine Art Kneipencharakter. Es ging ihm nicht darum einen Raum zu schaffen in dem sich Patienten wohlfühlen. Ebenfalls verstörend empfand ich die Aussage einer Therapeutin, als es mir nicht gut ging, ich mich krank fühlte und nicht an einer Gruppentherapiesitzung teilnehmen wollte: „das können sie so einfach nicht entscheiden, das ist immer noch Chefsache“.
Männlich sozialisierte Personen, denen ihre Gefühle aberkannt werden, die ein leistungsorientiertes Studium wie Medizin absolvieren, sich lieber hinter Medikamenten und medizinischen Diagnosen verstecken als die wirklichen Ursachen wie die Gewalt und Macht in einer patriachalen und kapitalistisch geprägten Welt zu sehen, versuchen Menschen zu helfen die darunter leiden. Ich glaube zwar schon, dass Medikamente und das Diagnosesystem eine gewisse Berechtigung haben, aber nicht in diesem Maß wie sie in Psychartrien Anwedung finden.
Also diese Menschen können ja auch nichts dafür, dass sie so sozialisiert wurden. Aber ich fände es hilfreicher, wenn man Menschen, die das noch nicht reflektiert haben, nicht auf Menschen „loslässt“ die unter diesem System leiden.
Trotzdem habe ich einige Therapien und Aussagen des Personals inklusive Herrn Somburg und Herrn Micheel auch als hilfreich und unterstützend wahrgenommen.